Sinclair

Computergeschichte aus England

Die Legende: Sir Clive Sinclair

Clive Sinclair Clive Sinclair Clive Marles Sinclair wurde am 30.7.1940 in Surrey (nahe Richmand, England) geboren. Sein Vater (Bill Sinclair) und Großvater (George Sinclair) waren beide Ingenieure bei Vickers (einem Schiffbauunternehmen). Während des Krieges ziehen er und seine Eltern öfter um, aber dennoch verlebt er eine durchaus schöne Kindheit. In seiner Schulzeit zeigt er wenig Interesse an sportlichen Akivitäten, dafür nutzt er aber seine Freizeit und die Ferien, sich autodidaktisch Themen beizubringen, die in der Schule nicht behandelt werden und ihn um so mehr interessieren. Im ganzen verhält er sich nicht wie ein Kind seines Alters, er zieht die Umgebung von Erwachsenen vor. Allerdings gibt es für ihn auch nur wenige Orte, außer seiner familiären Umgebung, die ihn intellektuell fordern. Clive besucht die Box Grove Vorbereitungsschule, an die er sich gerne erinnert. Als er zehn Jahre alt wird, bekommt er Bescheid, dass die Schule ihm keine weitere Mathematik mehr beibringen kann und der zweite Abschnitt seiner Ausbildung beginnt.

Clive SinclairClive besucht verschiedene Schulen, manchmal als Tagesschüler, manchmal auch als Internatsschüler. Sein O-Level macht er an der Highgate School 1955 und sein S-Level (in Physik und der theoretischen und angewandten Mathematik) an dem St George College in Weybridge.

Ihn faszinierte die Mathematik, eine perfekte und kurz formulierende Sprache. Er ist gerade mal ein Teenager, als er eine Rechenmaschine für Lochkarten entwirft. Weil er die Addition besonders einfach gestalten will, benutzt er nur die 1 und 0. „Ich dachte es wäre eine gute Idee. Ich war verblüfft, als ich feststellte, dass es ein bekanntes und gängiges System, das Binärsystem, war. Diese Entdeckung enttäuschte mich sehr.“, erinnert er sich später.

Als Teenager „entdeckt“ er auch die Elektronik für sich, und wenn er nicht gerade mit mathematischen Puzzles und der Entwicklung von mechanischen Rechnern beschäftigt ist, baut er elektronische Schaltungen. Er ist schon immer an sehr kleinen Dingen interessiert und so entwickelte er in seinem Schlafzimmer Verstärker und Radios für seine Familie und nahe Freunde.

Sinclair Er arbeitet hart in der Schule und hat einen unstillbaren Wissensdurst. Als Clive älter wird, ergänzt er seine harte Arbeit mit einem Freizeitjob als Tellerwäscher. Später sucht er nach Jobs in der Elektronik-Industrie. Clive nimmt eine seiner Schaltungen mit nach Solatron, wo er ein Vorstellungsgespräch hat. Er hat die Schaltung aber nicht aufgebaut, da die Theorie, die dahinter steckt, für ihn einwandfrei klar ist. Er wird abgewiesen, wegen seiner theoretischen Frühreife… Während er noch an der Schule ist, schreibt er einen Artikel für Practical Wireless, der auch veröffentlicht wird.

Als Gegenstück zu seiner Arbeit, feiern er und seine Freunde wilde Partys. Als er schließlich die Schule kurz vor seinem 18 Geburtstag verlässt, gab es eigentlich keinen Grund dafür, warum er nicht studieren sollte, außer, dass er es nicht will. Er will lernen, was ihn interessiert… Aber er ist nicht etwa faul; er will Miniaturbausätze für elektronische Geräte für den Hobby-Markt im Versand verkaufen.

Zuerst war das Radio…

Der Name C.M. Sinclair’s Micro Kit Co taucht zum ersten Mal in einem Aufgabenbuch datiert auf den 19.6.1958 auf – drei Wochen vor seinem A-Level Abschluss. In diesem Buch befindet sich ein Radio-Schaltkreis ‚Model Mark I‘ (Micro Midget Pocket Portable) mit den Bauelementen: ‚cost/set 9:11d + coloured wire & solder/nuts & bolts + celluloid chassis (drilled) = 9/-‚

Man beachte die winzigen Ausmaße:

Model Mark I

Micro Midget Pocket Portable Die „Sinclair Micro Kit Co“ kann theoretisch loslegen. Aber er will größeres. Er stellt fest, dass man erst ab einer Stückzahl von 1.000 zu einem ökonomischen Preis produzieren kann. Er ist sehr erfreut festzustellen, wie billig Bauelemente werden, wenn tausende pro Bauelement abgenommen werden. Auch seine „9 Penny pro Wort“ Anzeigen verwirft er und denkt schließlich an halbseitige Anzeigen.

Buch Nr.4Für sein Vorhaben benötigt er Geld. So schreibt er einen weiteren Artikel für Practical Wireless, der aber erst im folgenden November veröffentlicht wird. Dann sieht er, dass Practical Wireless einen redaktionellen Assistenten suchen; er bewirbt sich und bekommt den Job. Wie sich kurz darauf herausstellt, bieten sich für ihn großartige Chancen, da das Magazin mit einer sehr kleinen Belegschaft herausgebracht wird: Herausgeber, Redakteurassistent und redaktioneller Assistent. Der Herausgeber muss sich krankheitsbedingt zurückziehen und sein Assistent tritt in seine Fußstapfen. Dieser bricht bald unter der Belastung zusammen und es gibt nur noch Clive Sinclair, im Alter von 18 Jahren, der Practical Wireless herausbringt.

Nach einigen Jahren als Herausgeber des Practical Wireless schreibt Clive für Bernard’s (Publishers) Ltd dreizehn Bücher. Das letzte bei Bernard’s trägt den Titel Modern Transistor Circuits for Beginners, veröffentlicht im Mai 1962.

Die erste Firma: Sinclair Radionics Ltd.

Sein Verlangen, eine eigene Firma zu gründen, ist weiter gewachsen und 1961 lässt er seine Firma unter den Namen Sinclair Radionics Ltd eintragen. Der ursprüngliche Name Sinclair Electronics ist schon vergeben. Am 25. Juli 1961 nimmt die neue Firma ihre Arbeit auf. Er unternimmt zwei vergebliche Versuche Geld für Anzeigen aufzutreiben und so braucht er dringend noch einen anderen Job, um etwas Geld, zum Leben und Startkapital für die Firma, zu verdienen. Er hat keine Probleme einen zu finden, als Redakteur beim Magazin Instrument Practice von United Trade Press.Im März 1962 erscheint sein Name als Redakteur-Assistent in Instrument Practice. Im April des darauffolgenden Jahres erscheint dann bereits seine letzte Veröffentlichung als Redakteur. Aber dieses Jahr bei United Trade Press öffnet ihn alle Türen bei Firmen, wie Ferranti, Mullard, National Semiconductor und SGS-Fairchild.

MAT 100 Eine der Firmen mit denen er Kontakt aufnimmt, ist Semiconductors Ltd. Während andere Firmen einfach auf „gut Glück“ produzieren, benutzt Semiconductors Ltd bereits Techniken wie das elektrochemisches Ätzen. Trotz dieser sehr fortschrittlichen Techniken beträgt der Ausschuss der Transistoren 70-80%.

22 Tested Circuits using Micro-alloy TransistorsAber Sinclair findet, dass sich mit diesen gut arbeiten lässt. Alles was er braucht ist eine Schaltung, die diese Transistoren verwenden kann. Schon bald
darauf entwickelt er ein Miniaturradio und geht einen Deal mit Semiconductors Ltd ein. Er kauft 10.000er Pakete Transistoren, führt seine eigenen Qualitätstests durch und vermarktet die umbenannten Transistoren als MAT 100, 120, 101 und MAT 121 zu sehr konkurrenzfähigen Preisen (MAT = Micro-alloy Transistors).

Während dieser Zeit veröffentlicht Sinclair zwei weitere Bücher für Bernard: Transistor Circuits Manual No 5 und 22 Tested Circuits using Micro-alloy Transistors. Diese Veröffentlichungen sollen natürlich auch dabei helfen, seine eigenen Transistoren zu verkaufen.

MicroamplifierDas erste Lebenszeichen von Sinclair Radionics Ltd ist eine halbseitige Anzeige in den Hobby-Magazinen im November 1962 für den weltkleinsten Microverstärker. Im Dezember 1962 wird die Anzeige noch einmal wiederholt und im Januar sogar ganzseitig.

Sinclair Cambridge MemorySinclair ExecutiveAb Juni 1972 stellt Sinclair seinen ersten Taschenrechner her, der die vier Grundrechenarten beherrscht und eine 8-stellige Anzeige bietet. Er ist einer der kleinsten Taschenrechner seiner Zeit. August 1973 folgt der Cambridge (trigonometrische Funktionen, Wurzelrechnung) und im März 1974 der Cambridge Scientific. Im März 1975 folgt die Oxford Serie mit dem Oxford 100, 200 (mit Prozentrechnung) und 300 (wissenschaftlicher Rechner). Fünf Monate später erscheint der Scientific Programmable, der ganze 24 Programmschritte ausführen kann. In den nächsten Jahren folgen noch einige weitere Modelle, wie der Scientific Programmable Mark 2, Sovereign, Enterprise, PP3 und President. Jedes dieser Modelle ist einzigartig in Technik und Design. Wer zu diesen mehr erfahren möchte, sei an Planet Sinclair verwiesen. Hier findet man auch noch viele Informationen über andere technische Geräte, die Sinclair hergestellt hat, wie z.B. die erste Digitalarmbanduhr Black Watch im Jahre 1975 (die übrigens aufgrund technisch fehlerhafter Bauteile floppte) und eines Taschenfernsehers im Jahre 1977.

Der beinahe Konkurs…

Microvision TV1ADurch die Black Watch muss Sinclair Radionics Ltd fast Konkurs anmelden, wäre nicht April 1976 das National Enterprise Board, eine Regierungsbehörde, eingesprungen, indem sie 43% von Sinclair Radionics für £650.000 kauften. Dadurch verliert Sinclair aber auch die alleinige Kontrolle über Sinclair Radionics und kann keine neuen Projekte mehr ohne Zustimmung der NEB beginnen. Im Oktober steckt die NEB weitere £1 Mio. in das Unternehmen für die Entwicklung eines portablen TVs. Das TV wird ab Januar 1977 als Microvision TV1A und MON1A für £99.95 verkauft. Der erhoffte Erfolg bleibt aber aus, was einen Verlust von £480.000 bedeutet und auch der Nachfolger TV1B, der 1978 veröffentlicht wird, ist eine Enttäuschung. Im Juli 1977 erhöht der NEB seine Anteile auf 73% und kontrolliert damit Sinclair Radionics.

NewBrainKurz darauf beginnt Sinclair Radionics unter der Leitung von Mike Wakefield (Hardware) und Basil Smith (Software) mit der Entwicklung eines Mikrocomputers, dem NewBrain. Da dieser gegen den Apple II antreten soll, passt er nicht wirklich in Sinclairs Portfolio von günstigen Elektronikgeräten. Das Projekt wird von der NEB schließlich an die Newbury Laboratories, die ebenfalls unter Kontrolle der NEB stehen, abgegeben. 1980 kündigt Newbury drei NewBrain Modelle an, darunter einen batteriebetriebenen tragbaren Computer. Als die BBC sich im Rahmen ihres “BBC Computer Literacy Project” für Acorn als Lieferanten entschließt, verkauft die British Technology Group, als Nachfolger der NEB, an Grundy.

Im Mai 1979 kündigt die NEB an, dass sie die Taschenrechner- und TV-Entwicklung verkaufen möchten. Diese werden von der ESL Bristol Gruppe gekauft (als Radionic Products Ltd) und Binatone. Im Juli 1979 bekommt Clive Sinclair den „goldenen Handschlag“ mit über £10.000. Im September benennt die NEB die Reste von Sinclair Radionics in Sinclair Electronics Ltd um. Der Name wird im Januar 1980 zu Thandar Electronics Ltd geändert und seit 2008 läuft das Geschäft unter Thurlby Thandar Instruments weiter.

Für genau eine solche Eventualität, wie die Einflussnahme der NEB, erwirbt Sinclair bereits im September 1973 Ablesdeal Ltd, eine Mantelgesellschaft, die er Februar 1975 in Westminster Mail Order Ltd umbenennt. Im Juli 1976 benennt er diese in Sinclair Instruments Ltd um, im Juli 1977 in Science of Cambridge Ltd und im November 1980 schließlich in Sinclair Computers Ltd.

Wrist WatchDa Sinclair die Kontrolle über sein Unternehmen ungern mit der NEB teilt, schlägt er seinem langjährigen Mitarbeiter Chris Curry kurz nach deren Einflussnahme vor, für Sinclair Instruments Ltd zu arbeiten und das Unternehmen mit aufzubauen. Sinclair Instruments entwickelt einen Armband-Taschenrechner, die Wrist Watch, um erst einmal an Geld zu gelangen. Dieser verkauft sich überraschend gut und wird kommerziell ein Erfolg. Ungefähr zu dieser Zeit zeigt Ian Williamson Curry einen Prototypen basierend auf dem National Semiconductor SC/MP Microprozessor und einigen Teilen aus einem Sinclair Taschenrechner. Dieser wird von Science of Cambridge Ltd letztendlich als MK14 auf den Markt gebracht.

Der MK14

MK14 Sinclairs Erfolg beruht auf neuen und innovativen Produkten. Schon 1979 gibt es einen gefestigten „Personal-Computer“ Markt. Commodore hat schon ein Jahr zuvor für £700 den PET Homecomputer herausgebracht. Apple und Tandy sind ebenfalls schon bekannt. Deren Maschinen werden in Labors, kommerziellen und schulischen Institutionen verwendet; kaum jemand hat einen Computer bereits zu Hause im Einsatz.

Sinclair möchte ein Produkt mit allen notwendigen Features herauszubringen, aber zu einem sehr niedrigen Preis. Im Mai 1979 schreibt die Financial Times: „Personal Computer werden ständig billiger und ihr Preis wird in den nächsten fünf Jahren auf unter £100 fallen“; Sinclair beabsichtigt das in ein paar Monaten zu schaffen!

1977 berichten US Elektronikmagazine über die ersten Heimcomputer, die zuerst für Elektronikenthusiasten interessant sind. Obwohl Taschenrechner und Digitaluhren-Bausätze veröffentlicht werden, sagt man den Heimcomputer-Bausätzen einen neuen Markt aus. Für knapp £200 bieten diese Bausätze eine unbekannte Leistung und bieten so kaum einen Anreiz für einen Spontankauf.

Im Juni 1978 entwickelt Science of Cambridge einen Mikrocomputerbausatz mit dem National Semiconductors SC/MP Chip. Der Rechner wird als MK14 vermarktet. Sinclair ist zunächst nicht in der Lage die Nachfrage zu befriedingen, der eine extravagante Anzeigenkampagne vorausging. Science of Cambridge hat National Semiconductors angewiesen nur 2000 Bausatzgruppen zu fertigen. In seinem kurzen Leben wird der erste billige Computerbausatz aus England zwischen 10.000 bis 15.000-mal in den ersten Jahren verkauft.

MK14Für den MK14 folgen noch ein VDU-Modul (16×32 Zeichen auf einem normalen Fernseher), ein Kassettenrekorder-Interface und ein PROM-Programmierer.

Nach Streitigkeiten um einen Nachfolger, verlässt Chris Curry 1978 Sinclair und gründet zusammen mir Hermann Hauser Acorn Computers auf, deren erster Computer, das System 75, bemerkenswerte Ähnlichkeiten mit dem MK14 aufweist. Der unerwartete Erfolg des MK14 bringt Sinclair dazu, einen komplexeren Computer zu entwerfen. Der Prozessor wird durch einen Z80A von Zilog ersetzt und BASIC ersetzt den hexadezimalen Code. In jedem erweiterten MK14 stecken bereits die wesentlichen Dinge eines anderen Rechners, der die Welt im Sturm erobern wird, dem ZX80…

Nur wenige erinnern sich daran, aber das Mikrocomputer Kit 14 (MK14) von 1977 ist Sinclairs erster Computer gewesen. Knapp über 50.000 werden nur verkauft. Seine Leistungsfähigkeit ist nur minimal und er besitzt auch nur wenig Speicher. Jedoch ist der Rechner wegweisend und ohne ihn gebe es womöglich keinen ZX81, Spectrum, BBC Micro oder Archimedes.

Danksagungen & Links
Einige Bilder und Informationen stammten aus folgenden Quellen:

Teile der Informationen stammten von:
„The Sinclair Story“ von Rodney Dale u.a.